Katrin Dambach
Im Oktober fand die Weltstillwoche statt. Es ist also an der Zeit, dass auch ich meine Milch - Entschuldigung, meinen Senf dazu gebe.
Auf Social Media tummeln sich die Mütter mit ihren stillenden Babies. #StillenistLiebe.
Stillen, das Beste, das Schönste für Ihr Kind usw. Oder Beyoncé macht es vor, ihre Zwillinge auf den Armen am Stillen. Ganz einfach. Beyoncé kann alles!
Ne, ich mach mir da gar keinen Druck... ha! Singen kann ich schliesslich auch nicht.
Direkt nach der Geburt suchte sich mein Sohn bilderbuchmässig den Weg zu meiner Brust und saugte daran.
Das geht ja ganz einfach, dachte ich mir, tatsächlich - das Natürlichste der Welt.
Doch darauf folgte eine meiner grössten Herausforderungen. Nach der Geburt musste ich erstmals in der Realität ankommen.
Ich auf dem Schaukelstuhl stillend und singend das Kind in den Schlaf wiegen?
Nein, natürlich sah es bei mir ganz anders aus!
Photo Courtesy of Instagram/ Beyoncé mit ihren Twins/
Auf der Wochenbettstation wurde mir ausschliesslich das Stillen im Sitzen gezeigt.
Das Problem war nur, dass ich nach der Geburt zwei Wochen lang nicht sitzen konnte.
Dank meiner Hormonausschüttung schaffte ich es dennoch mich irgendwie aufzuraffen.
In der Nacht sollte ich alle drei Stunden das Kind wecken. Doch mein Sohn wurde einfach nicht wach.
Er schlief friedlich tief und fest. Und da ich selbst von der Geburt sehr erschöpft war, versuchte auch ich etwas zu schlafen. Die ersten Tage trank mein Baby zu selten und nur ganz langsam und wenig. Er nahm ab. Zuviel, wie uns gesagt wurde. Wir mussten ihn also zuerst mit Milchergänzungsprodukten zuschöppelen. Ja, da fühlte ich mich schon mal als Versagerin. Bravo, was für eine Mutter! Well done!
Die ersten Wochen pumpte ich nur ab und mein Buebi trank ausschliesslich die Muttermilch aus der Flasche. Die Tage waren nun gefüllt mit Stillversuchen, anschliessendem Abpumpen, Schöppelen, Stillen, Abpumpen, Schöppelen... and so on.
Es gab nichts anderes mehr ausser meinen Sohn, die Titten und ich. Zur Freude meines Mannes lief ich somit auch fast den ganzen Tag oben ohne herum. Der Hitzesommer lässt grüssen! In Kombination mit der Wochenbett-Oma-Unterwäsche fühlte ich mich dann doch nicht so sexy.
Der Milcheinschuss kam bei mir erst so richtig mit knapp zwei Wochen. Doch leider fand mein Buebi die Brustwarze nicht und bewegte seinen schmächtigen Körper wie eine «Banane».
Vielleicht heisst es ja deshalb «Loving you made me bananas!»
Es war ganz und gar nicht einfach.
Die ersten zwei Monate fanden wir keine angenehme Stillposition. Und ja, ich hatte eine kompetente Stillberaterin, die mir auch immer wieder Mut machte. Dennoch, es funktionierte nur halbwegs. Es war zum Heulen. Mehrmals überlegte ich mir, ob es das Ganze wirklich wert sei. So viel Stress.
Mein Gefühl sagte mir, dass es sich für uns lohnt, weiter zu stillen. Ich habe bewusst geschrieben – es lohnte sich für uns !
Ich möchte keine Stilldebatte starten.
Stillen oder nicht Stillen - jede Mutter, jede Familie darf und soll dies selbst entscheiden können. Oft haben Mütter auch gar nicht die Wahl.
Jede Geburt, jedes Kind und jede Mutter ist einzigartig. Und so verschieden wie wir sind, so ist das auch mit den Brüsten.
Ich habe gelernt, mein Kind ist, wie es ist. Und ich liebe meinen Sohn genauso wie er ist. Ich gebe ihm die Zeit, die er braucht, um richtig in der Welt anzukommen. Und zu lernen wie er saugen kann.
Ich tracke keinen Stillrhythmus, weil sobald er einen hat, kommt es sowieso wieder anders.
Erst seit ich mit meinem Sohn in die Physiotherapie wegen einer Occipitalen Plagiocephalie (Schädelverformung) gehen muss, erfahre ich, dass der Nacken meines Sohnes verspannt ist. Es war ihm gar nicht möglich, anders zu trinken. Nach knapp drei Monaten verbessert sich alles und endlich ist es einfacher. Die Angst, dass mein Kind zu wenig Nahrung haben könnte, bleibt aber noch eine Weile an mir kleben.
Wie lange ich noch stillen werde? Ich weiss es nicht. Ich werde mich von meiner Intuition und meinem Sohn leiten lassen.
Wer bestimmt eigentlich über all diese Dos and Don’ts, wenn es ums Stillen geht?
Wer lange stillt, wird als esoterische, alternative Stillkuh abgestempelt. Wer nur kurz stillt, ist gleich eine egoistische Feministin. Vielleicht sprechen wir deshalb ungern offen über dieses Thema.
Die WHO empfiehlt mindestens 6 Monate zu stillen. Aha.
Ich stelle mir das so vor, die WHO sitzt in Genf und im Plenum wird gestillt.
Stillen – das Schönste, was es gibt? Ich würde sagen: Stillen ist Stillen!